Wenn zwei mehrmals wegen Gewaltdelikten Vorbestrafte in nicht nüchternem Zustand aufeinandertreffen endet das selten gut. Nicht nur körperlich, auch die Freiheit betreffend. Einmal 3,5 Jahre und einmal sechs Monate Haft standen am Schluss einer Gerichtsverhandlung nach einer Auseinandersetzung vor dem Linzer Hauptbahnhof.
In der Gegend rund um den Linzer Hauptbahnhof kann es schnell mal ungemütlich werden. So auch am 30. Oktober vergangenen Jahres. Es war noch nicht einmal Abend, da waren im Park vor dem Bahnhof schon reichlich Alkohol geflossen und wohl auch andere Dinge konsumiert worden – worüber sich der Hauptangeklagte in der Verhandlung allerdings wohl nicht ohne Grund ausschwieg. Der 27-jährige Linzer gab zu Protokoll beim zweiten kleinen Bier gewesen zu sein beim angelasteten Vorfall. Dieses zweite Bier – eine Flasche Desperados – sollte auch noch zum Corpus delicti werden.
Sein Gegenüber – ein 37-Jähriger Somalier – konnte über den Tathergang ob seiner Alkoholisierung keine Angaben mehr machen. Sechs Bier und eine Flasche Wodka mit einem Freund waren der Erinnerung nicht zuträglich.
Dass er laut seinem Linzer Kontrahenten und Zeugen den Erstschlag setzte erschien ihm aber als möglich – was schließlich als strafmilderndes Geständnis gewertet wurde.

Streiterei eskalierte
Der Tathergang wurde im Großen und Ganzen von Beteiligten und Zeugen recht einheitlich beschrieben. Auf eine verbale Auseinandersetzung – laut dem Linzer ging die Provokation vom Somalier aus – folgte eine Schubserei, der Erstschlag gelang dem Schwarzafrikaner. Womit die Auseinandersetzung eskalierte.
„Im Affekt habe ich mit der Hand, in der ich meine Bierflasche hatte, zurückgeschlagen“, schildert der Linzer. Getroffen hätte er ihn aber nur mit der Hand, die Flasche dann weggeworfen. Wäre die Geschichte hier zu Ende würde er aber nicht vor einem Schöffensenat wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung sitzen. Denn was dann folgte ist ein Notwehrexzess par exzellence. Nach kurzer Pause stürzte er sich auf das zu der Zeit wohl schon bewusstlose Opfer, versetzte ihm Schläge gegen den Oberkörper. Nahm dann einen Schritt Anlauf und trat den am Bauch liegenden Somalier mit voller Wucht ins Gesicht. „Wie bei einem Freistoß beim Fußball“, schildern Zeugen. Die Folge waren ein Nasenbeinbruch und Rippenfrakturen.
Schwierige Selbstreflexion
Bei seiner Verteidigung tut sich der Linzer schwer mit einem gerichtlich verwertbaren Schuldeingeständnis. Der 27-Jährige, nach Gymnasium sowie abgeschlossener Lehre bis zu seiner Arbeits- und Obdachlosigkeit unter anderem Barchef einer Szenebar, rechtfertigt sich mit seiner damaligen Situation und seinen Erlebnissen in dieser Zeit. Er sei selbst zweimal als Obdachloser angegriffen und schwer verletzt worden. Er wollte nicht wieder verlieren. „Ich stehe zu dem was ich gemacht habe, ich wollte ihn aber nur kampfunfähig machen, ich war in Panik.“ Dass ihn der Staatsanwalt daraufhin aufmerksam macht, dass er gerade ein Schuldeingeständnis abgegeben hat und sich demnach auch so bekennen sollte, dringt zu diesem Moment noch nicht durch. Dazu braucht es nicht nur eine Beratschlagung mit seiner Verteidigerin.
Unglauben über Urteil
Am Ende steht ein Urteil, mit dem der ehrlich reumütig wirkende Linzer objektiv gesehen gut wegkommt. Die 3,5 Jahre Haft will der 27-Jährige aber nicht so ganz verstehen. Dabei hatte er Glück, der Fußtritt veruarsachte im juristischen Sinn keine schwere Körperverletzung, somit bliebt es beim Versuch des grundsätzlich angeklagten Delikts. Drei einschlägige Vorstrafen bei einem Strafrahmen von 2 bis 15 Jahren lassen das Urteil am unteren Ende. Auch hier braucht es Überzeugungsarbeit, dass der sichtlich konsternierte Täter es akzeptiert.
Für den Somalier, er bringt es auf noch mehr Vorstrafen, setzt es 6 Monate. Und eine Alkoholtherapie vor Haftantritt.
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