Ein Großaufgebot an Angeklagten sowie Zeugen/Opfern brachte diese Woche ein Prozess am Landesgericht Linz, bei dem es vor allem um einen Vorfall im Bahnhofsviertel von Vöcklabruck ging. In der Verhandlung gestaltete sich die Wahrheitsfindung extrem schwierig, am Schluss standen vor allem Freisprüche, weil kaum etwas unzweiflich geklärt werden konnte.
Dass das Bahnhofsviertel nicht nur in Linz, sondern auch in Vöcklabruck ein Zufluchtsort für nicht gerade vom Leben geküsste Menschen ist, offenbarte sich auch bei diesem Prozess in der Landeshauptstadt. In der Verhandlung nahmen sechs Personen auf der Anklagebank, die eigentlich Sessel waren, Platz. Paritätisch aufgeteilt, drei Frauen und drei Männer waren vor allem wegen versuchter schwerer Körperverletzung angeklagt. Drei von ihnen hatten daneben noch andere Straftaten zu verantworten. Unbefugter Waffenbesitz, gefährliche Drohung und Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im
Zustand voller Berauschung nach dem Verbotsgesetz wurden allesamt abgestraft bzw. diversionell erledigt.
Warten auf den sechsten Mann
Fünf der Angeklagten, allesamt zum Tatzeitpunkt der Bahnhofsszene mit reichlich Alkohol- und Drogenerfahrung zuzurechnen, waren pünktlich erschienen. Der sechste Angeklagte, der während der Verhandlung dann immer wieder als Hauptaggressor erwähnt werden sollte, ließ sich mit Beinverletzung entschuldigen. Aufgrund medizinischen Attests wurde er dann nach einigen Telefonaten von der Polizei doch noch auf Krücken vorgeführt.
Nicht arm an Vorstrafen
Bei der Überprüfung der Daten der Anwesenden ist vor allem auf das Vorleben der Anwesenden zu schließen. Bis zu 16 Vorstrafen werden gezählt, hier nicht immer einschlägig. Nüchtern im Gerichtssaal würde man dies einigen von ihnen nicht zutrauen, manche haben sich auch schon Therapien unterzogen und sind, wie auch von der Richterin goutiert, wohl auf einem guten Weg.
Was war passiert?
Was an diesem Jänner-Abend 2024 wirklich passiert war, ließ sich trotz stundenlanger Verhandlung nicht wirklich klären. Dass es mit einem verbalen Scharmützel angefangen hatte, sollte zumindest außer Streit stehen. Die Gruppe der Bahnhofstrinker dürfte wohl die Gruppe von migrantischen Jugendlichen rassistisch beleidigt haben (nicht nur einmal fällt im Prozess das Wort „Kanaken“ in der Schilderung) weil diese nicht den Schutzweg benützt hatte und stattdessen so die Straße gekreuzt haben. Diese dürften sich verbal auch nicht viel geschenkt haben.
Was nach diesem Scharmützel passiert ist, darüber scheiden sich viele (vielleicht auch hochprozentige) Geister in diesem Prozess. Seitens der Angeklagten kann der Tathergang aufgrund der damaligen massiven Alkoholisierung nur mehr bruchstückhaft wieder gegeben werden. Die Idee der gegnerischen Gruppe, alle wären auf sie losgegangen wird aber definitiv und teilweise auch sehr glaubhaft verneint. Einer – er gibt an bei seiner letzten Einlieferung im Krankenhaus 6 Promille gehabt zu haben – hätte geschlafen und wäre nicht mal zu einer Attacke fähig gewesen und eine andere hätte auch auf der Toilette geschlafen.
Zusammenstoß
Auf jeden Fall kam es zum Zusammenstoß zumindest einiger. Ereignete sich der erste Disput über zwei gegenübergelegene Straßen, so kam der erste Vorstoß von der Bahnhof-Fraktion dann auf Augenhöhe. Eine der Frauen las den Jugendlichen die Leviten, dann aber kamen die angeklagten Herren auf den Plan. Was dann passiert, das kann nicht mehr geklärt werden. Eine Schubserei, seehr unterschiedliche Wahrnehmungen der Raufhandlungen auch aus der Migrantengruppe machen es der Richterin nicht leicht. Es gibt zwei Verletzte, jeweils einer auf beiden Seiten. „Es ist unmöglich etwas klar festzustellen“, so die Richterin, nachdem der Staatsanwalt schon gemeint hatte: „Das war kein einfaches Beweisverfahren.“ Daher Freispruch, da vermeintliche Schläge und Tritte – sollte es sie überhaupt gegeben haben – niemanden konkret zugeordnet werden können. Eher hat der Prozess noch ein Nachspiel für zwei Personen aus der Migrantengruppe. Ein unabhängiger Zeuge will gesehen haben, dass viel mehr sie auf einen am Boden liegenden Mann eingeschlagen und getreten haben.
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