Mit schweren Verletzungen endete eine Bimfahrt an einem Novemberwochenende vergangenen Jahres für einen 42-jährigen Linzer. Er hatte einen 30-jährigen Ungarn aufgefordert doch bitte sein lautes Telefonieren einzustellen. Der Prozess, der aufgrund des Fehlens eines Dolmetschers erst mit Verspätung beginnen konnte, zeichnete sich vor allem durch sehr kreative Ausführungen des Angeklagten aus. Am Ende standen zwei Jahre Haft, acht Monate davon unbedingt.
Ausgangssituation war eine Bimfahrt rund um Mitternacht. Der nunmals Angeklagte hatte sich lautstark via Handy unterhalten, was dem späteren Opfer missfiel. Zweimal machte er den 30-jährigen Ungarn, dieser neben Handy ausgestattet mit einer Flasche Alkohol, auf die Belästigung aufmerksam. Es dürfte wohl nicht nur an der Sprachbarriere gelegen sein, dass die Situation relativ rasch eskalierte. Der Angeklagte setzte sich in der Folge neben den Linzer, zeigte ihm das auf seinem Handy laufende Video eines nackten Penis. Der auf diese Art Belästigte schlug das Handy weg, in der folgenden Konfrontation kam es zu den folgenschweren Verletzungen. Ganz genau konnten die Beteiligten die Situation nicht mehr rekonstruieren. Auf jeden Fall schmiss der Ungar im Zuge der Auseinandersetzung seinem Linzer Kontrahenten seine Flasche ins Gesicht. Die Folge: Eine Fraktur der vorderen Stirnhöhlenwand, bei der Knochenfragmente um rund 7 Millimeter verschoben wurden, ein Blutspiegel in der Stirnhöhle und eine gebrochene Augenhöhle. Mit auch jetzt noch vorhandenen Sehstörungen.
Verlagerung nach draußen
Doch damit nicht genug. Als sich das Opfer aus der Straßenbahn rettete, folgte der Täter. Stieß den Linzer zu Boden und dürfte anhand der festgestellten Verletzungen wohl nicht nur einmal noch zugelangt haben. Wie er dabei an die Brieftasche des Opfers gelangt ist, dazu fielen dem 30-Jährigen seit der Erstvernehmung einige Varianten ein. Mit Erfolg. Da die direkte Abnahme aus der Gewahrsame des Opfers nicht bewiesen werden konnte sollte schlussendlich eine Verurteilung wegen schweren Raubs unterbleiben.

Die vielen Ideen des Angeklagten
Doch vor allem die Wahrheitsfindung, was der Täter mit der Brieftasche machte, sorgte nicht nur einmal für Kopfschütteln im Gerichtssaal. Schließlich hatte das Opfer angegeben, der Täter sei mit dem Geldbörsl weggelaufen. „Ich habe es am Boden gefunden und wollte nachschauen wem es gehört. Da ich den Besitzer nicht kannte, habe ich es wieder zurückgelegt“, so der Ungar. „Ich konnte ja nicht wissen, dass es seine ist“, so seine weitere Verantwortung. Angesichts manch weiterer abstrus anmutender Aussagen belehrt ihn da auch der Richter sichtlich genervt: „Sie können sagen was sie wollen. Aber ihnen muss klar sein, dass wir ihnen glauben müssen.“ Zur Frage, warum er es zurückgelegt haben soll – und nicht wie naheliegend auf der Flucht weggeworfen – erklärte er, weil er nicht wollte, dass jemand glaubt er hätte es gestohlen. Angesprochen auf seine vorherigen Vernehmungen mit divergierenden Aussagen, beschwerte er sich über schlechtes Dolmetsch. „Aber jetzt sind sie mit der Dolmetscherin zufrieden“, will sich der Richter vergewissern. „Ja“, so die Antwort. Sein Pech wohl, dass es beide Male die gleiche Dolmetscherin war.
Die Ein-Schlag-These
Angesichts der massiven Verletzungen des Opfers blieb auch die Frage der Tatausführung für die Aufarbeitung Thema. Einen Schlag will der Ungar seinem Gegenüber versetzt haben. Angesichts der dokumentierten weiteren Verletzungen und der schweren Gesichtsverletzungen wohl knapp an der Wahrheit vorbei. Vor allem die von der Polizei nach der Tat gemachten Fotos des blutüberströmten Gesichts des Opfers ließen einige im Gerichtssaal zusammenzucken.
Das Urteil
Am Schluss verurteilte der Schöffensenat unter Vorsitz des Richters den in seinem Heimatland einmal einschlägig vorbestraften Ungarn zu zwei Jahren Haft, acht Monate davon unbedingt wegen schwerer Körperverletzung und schweren Diebstahls – dies als Abmilderung zum nicht nachweisbaren Raub. Nicht mildernd auf das Strafmaß hatte sich das zu Beginn des Prozesses angekündigte Geständnis des Angeklagten ausgewirkt. Nicht nur einmal hatte er probiert eine Notwehrsituation zu konstruieren, in der er sich wehren musste.
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