Manche Prozesse verkommen trotz des traurigen Hintergrunds fast zu einem Kabarett. Der 20-jährige Angeklagte, der in U-Haft sitzt und psychisch nicht mehr ganz auf der Höhe zu sein scheint, hat sehr viel Spaß. Von zwei Polizisten in Handschellen vorgeführt, hat er immer ein Lächeln auf den Lippen. Ein massives Alkoholproblem zur Tatzeit macht die Verurteilung der Geschehnisse eher einfach, die Erinnerungen sind sehr rudimentär. „Kann alles sein“, so seine oftmalige Verantwortung.
Immer wieder lächelt er während der Verhandlung Prozessbeobachter und begleitende Justizbeamte an. Die Liste der vorgeworfenen Taten ist lang. Vor allem der Februar 2025 dürfte nicht sein Monat gewesen sein, alle folgenden Delikte passierten innerhalb von zehn Tagen.
„Allahu Akbar“- Rufe in Schule
So soll er in Pregarten zu einer Gruppe von Schülern des Polytechnischen Lehrgangs gegangen sein und Allahu Akbar gerufen haben. Ob er auch gesagt habe, dass er sie in die Luft sprengen werde, das ist ihm nicht erinnerlich, aber wie so oft auch hier: „Kann alles sein.“ Das mit Allahu Akbar habe er ja nicht nur einmal gemacht, mit arabischstämmigen Aussehen – er kommt ursprünglich aus Israel – könnten manche da aber auch viele etwas zu viel hineininterpretieren, so der schmächtige 20-Jährige.
Ob immer schon so oder durch jahrelangen exzessivsten Alkoholkonsum hat der nicht wirklich immer ernsthaft bei der Sache zu scheinende Felix G. aber dann doch auch ernstere Momente. „Ich will und brauche kein Mitleid. Aber ich war sechs bis neun Monate obdachlos, meine Oma hat mich nicht mehr bei sich aufgenommen. Ich wollte ins Gefängnis, ein Bett und etwas zu essen.“ „Im Nachhinein verabscheue ich mein behindertes Verhalten.“
Sexuelle Anspielungen
Betrunken dürfte er auch etwas sehr zu offen zu Mädchen gewesen sein. Einmal hat ihm ein Mädchen am Bahnhof zu viel gefallen. „Louise, nettes Mädchen, ich will Kinder mit dir“ eröffnete er ihr unaufgefordert. Dass er erklärte, dass er sich auf sie einen runterhole dürfte ihr wohl auch nicht so gefallen haben, die nächste Anzeige war fällig. Auf seine flapsige Bemerkung „Sie war echt ein hübsches Mädchen“ rät ihm sein Anwalt doch bitte ruhig zu sein.
Einen Tag später traf er am Bahnhof in Kittsee auf ein weiteres Mädchen in Begleitung ihres Bruders. Auch dort fielen sexuell sehr offensive Worte. „Ich weiß nicht mal, dass ich im Burgenland war, kann alles sein“, lässt sich der Angeklagte auf den Vorwurf ein.
Verstöße gegen Waffenverbot
Auch ein gegen ihn bestehendes Waffenverbot wird ihm nochmal zum Verhängnis. Einmal soll er in einem Lokal eines Fast-Food-Restaurants mit einem Messer herumgefuchtelt haben. Dieses will er zufällig dort gefunden haben. Hilft nichts. „Sie dürfen kein Messer in die Hand nehmen“, belehrt ihn die Richterin. „Ich hab mich gefragt, warum liegt da ein Messer und es auf und zu gemacht. So ein Langklappmesser ist ja eigentlich verboten“, will er aber niemanden bedroht haben.
Auch ein zweiter Messer-Vorfall wird vom gut gelaunten Angeklagten in seinem Sinn beantwortet, nachdem das Corpus delicti hm auf Fotoaufnahmen gezeigt wird. „Ach ja, das haben sie mir abgenommen, das war ein Prachtstück.“
Vorfall in Justizanstalt
In Haft soll er dann einen Mithäftling mit dem Tod bedroht haben. Er habe ein Buttermesser – das dürfen Häftlinge besitzen – an der Fensterbank gewetzt haben und dann zum Mitinsassen gesagt haben, er schlitze ihn auf. „War eine ausgemachte Sache, um in eine andere Zelle verlegt zu werden“, so seine Verantwortung. Zwei der drei Mitinsassen werden geladen – der Dritte kann nicht Deutsch – sie widerlegen diese Darstellung.
„Videos von mir, sehr cool“
Als es um eine Sachbeschädigung in einer Park&RIde-Anlage geht, soll ihm ein Beweisvideo vorgeführt werden. „Videos von mir? Sehr cool, haben sie mehr davon?“, lässt sich der 20-Jährige weiterhin den Spaß nicht nehmen. Er bekommt dann eh auch noch ein zweites Video zu dem zuvor geschilderten Vorfall im Fast-Food-Restaurant zu sehen.
„Kann sein“, hört man dann auch als es darum geht, ob er einen jungen Burschen sehr aggressiv um eine Zigarette fragte und dabei seine Jacke zerstörte. Schlussendlich erkennt er alle Privatbeteiligtenansprüche an, im Fall der Jacke 180 Euro.
U-Haft reicht aus
Spaß haben kann der nette Herr nun wieder in Freiheit. Das Urteil lautet sieben Monate, zwei davon unbedingt. Die hatte er schon in Untersuchungshaft abgesessen. Grund für das milde Urteil war unter anderem seine verminderte Zurechnungsfähigkeit. Wohl nötige Psychopharmaka lehnt er ab. Und „kann alles sein“ gilt als Geständnis. Sein Anwalt formulierte es im Schlussplädoyer treffend: „Er findet vieles lustig, was andere nicht lustig finden.“
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